Wie kann Partizipation de facto eine Verschie- bung von Entscheidungsgewalt bedeuten und nicht als Scheinbeteiligung eine bloße Image- Kampagne bleiben?
Wie können politische Instrumente, wie etwa ein kooperatives Planungsverfahren, organisch wachsende Strukturen zulassen?
Wo beginnt man, auf individueller und system-ischer Ebene, Verantwortung abzugeben?
„Appropriation“ ist eine Projektreihe, die sich mit der Aneignung leerstehender Industriegebäude auseinandersetzt. Während Teil 1 dieser Arbeit im Format einer Lecture-Performance Strategien und Motivation der Aneignung am Beispiel dreier Orte – New York, Wien und des Ruhrgebiets – mit Bezug auf (De)Industrialisierung untersuchte, konzentriert sich der zweite Teil der Arbeit auf das Gaswerk Leopoldau. Rund um dieses leerstehende Industriegebäude im 21. Wiener Gemeindebezirk manifestierten sich in den letzten Jahren zahlreiche Überlegungen zur Transformation gesellschaftlicher Prozesse, welche sich in Konzepten zur Nachnutzung widerspiegeln. Im Rahmen von Thomas Jelineks performativem Diskurslabor „Future Horizon“ (März 2014, Halle G, Tanzquartier Wien) fand dieser zweite Teil statt. Die Geschehnisse des Abends stellten gleichzeitig das Fundament für den dritten Teil der Arbeit dar, welcher sich in Form eines Videos manifestiert und als erste Skizze einer aktivistischen Arbeit gelesen werden kann. Das Setting von „Future Horizon“ bestand aus neun Tischen, an denen parallel 60 Akteur_innen unterschiedliche Argumente und Zukunftsszenarien mit den Besucher_innen debattierten. Am Tisch „Architektur“ wurden zunächst die Prozesse rund um das das kooperative Planungsverfahren für das Gaswerk Leopoldau transparent gemacht. Mit den Besucher_innen wurden die Widersprüche innerhalb dieser Prozesse diskutiert und der Versuch unternommen, gemeinsam Alternativen zu den vorhandenen Strukturen zu generieren. Das Video dazu, der dritte Teil der Arbeit, ergänzt die aufgezeichneten Diskussionen durch eine Illustration der Prozesse rund um das Gaswerk und durch eine begleitende Erläuterung. Diese selbst produzierten Sequenzen werden eingebettet in Versatzstücke aus der Sendung „Immobilien für Wien“, eine Dokumentation über das Gaswerk, ausgestrahlt von dem lokalen Fernsehsender W24. Durch den Kontrast wird das W24-Video parodiert und somit die Kernpunkte von „Appropriation“ noch einmal thematisiert: „He who controls the past controls the future. He who controls the present controls the past.“ Und: „Wir machen uns die Welt, wie sie uns gefällt“.
Von Marie-Christin Rissinger und Elisabeth Stephan
In Kooperation mit Theresa Schütz
Im Rahmen von Thomas Jelineks performativem Diskurslabor „Future Horizon“ (März 2014, Halle G, Tanzquartier Wien)
Ausgehend von einem Semersterprojekt im Studiengang "Social Design - Arts as Urban Innovation" (Universität für Angewandte Kunst Wien)